In memoriam Hubert Leuchter

Hubert Leuchter ist am 21. Februar nach langer Krankheit verstorben. Er wurde 71 Jahre alt. Mit ihm geht ein Taekwondo-Mann von ganzem Herzen, ein Wegbereiter unseres Sports und ein großer Sportler und Trainer. Unser Beileid gilt seinen Angehörigen und Freunden.

Zur Erinnerung an Hubert Leuchter veröffentlichen wir hier ein Porträt, das im letzten Jahr (März 2020) entstanden ist:

Er liebt Taekwondo – die Sportler lieben ihn!
Hubert Leuchter

Im März 2020 wurde Hubert Leuchter 71: Höchste Zeit für eine Hommage an ein Urgestein des deutschen Taekwondo, einen erfolgreichen Sportler und liebenswerten Menschen.

Huberts Naeryo Chagi war gefürchtet

Bei der Recherche ist uns sofort aufgefallen: Hubert Leuchter ist ein ganz großer im deutschen Taekwondo-Sport. Eine lebende Legende! Bei allen mit denen wir während unserer Recherche über ihn gesprochen haben, bekommen wir ausschließlich Lobeshymnen zu hören. Leuchter war nie ein Mann der Worte, er war immer ein Mann der Taten. Bei Antonio Barbarino sprudelt es sprichwörtlich: „Hubert ist eine Legende. Ich erinnere mich sehr gerne unsere gemeinsame Zeit. Ich kenne KEINEN, der ihn kennt und NICHT mag“.

Es war Mitte der 90er, Antonio Barbarino war Jugendleiter im Landesverband, Hubert Leuchter der dazugehörige Jugendtrainer. Die Charaktere konnten unterschiedlicher nicht sein: Barbarino – hochmotiviert, verbissen und an Strukturen festhaltend. Trainingswissenschaften, Normen und Prozesse waren aber noch nie das Ding von Hubert Leuchter. Das gelebte Teamwork hingegen – darin ist er bis heute ungeschlagen. Leuchter überzeugte schon immer mit Taten und arbeitete eher pragmatisch und zielorientiert – aber immer mit einen Riesen-Herz für seine Sportler. Barbarino erinnert sich gerne zurück an die Zeit: „Was hatten wir Diskussionen. Aber Hubert hatte immer die Sportler hinter sich. Die haben ihn geliebt. Das hat mich am Ende oft doch überzeugt.“

Als Mensch bescheiden, als Sportler sehr ehrgeizig

Viermal gewann er die Deutsche Meisterschaft.

Sportler erinnern sich deshalb nur in höchsten Tönen an den charismatischen Trainer. Unvergessen auch die Überraschungsparty zu seinen 50. Geburtstag: Es war während der Dutch Open 1999 in einer Hoteldiscothek. Leuchter, schon immer sehr bescheiden, musste lange überredet werden, um diese überhaupt zu betreten. Die Überraschung war aber gelungen, die komplette Mannschaft feierte ihren „Hubsi“ mit lauten Gesängen und – wie er es verdient hat – sehr überschwänglich.

Dabei ist der Würseler nicht nur absolut bodenständig, viel mehr prägt ihn seine gelebte Bescheidenheit. Wenn überhaupt, spricht er über Menschen nur, wenn er etwas Positives zu erzählen hat – und sowieso sehr ungern über sich selbst. Dabei war Leuchter als Sportler extrem ehrgeizig. Noch heute erinnern sich viele in der Städteregion Aachen an ihre ersten gemeinsamen sportlichen Aktivitäten. Lediglich mit Weste und Tiefschutz trainierte Leuchter für höhere Ziele. Als Pionier und Vorreiter prägte er den koreanischen Kampfsport in den 70ern nicht nur in seiner Heimatstadt.

Bei der Weltmeisterschaft 1975 in Seoul war er für den Deutschen Verband viel mehr als nur ein Botschafter. Das Taekwondo stand hierzulande noch ganz am Anfang – bei der Weltmeisterschaft in Korea konnte man trotzdem ein Zeichen setzen. Die Vorbereitung und das Training bei Hitze und schwülen Temperaturen ist für heutige Verhältnisse kaum vorstellbar. Im öffentlichen Park hatte sich das deutsche Team für die Wettkämpfe in Seoul vorbereitet. Als Europäer ist man dort natürlich sofort aufgefallen und gewann so auch die Herzen der Koreaner, die größte Bewunderung für die Sportler übrig hatten.

Respekt für seine Gegner

Bei der WM 1979

Am Ende waren diese Erlebnisse nicht das einzige, was er wieder mit nach Hause nehmen konnte. Nach einem grandiosen Turnier musste sich Hubert Leuchter lediglich im Halbfinale dem späteren Weltmeister geschlagen geben und wurde sensationell Dritter! Er erinnert sich gerne: „Es war für uns eine exotische Erfahrung. Naiv und hochmotiviert sind wir nach Korea geflogen“. Für den späteren Weltmeister Tae-Hwan Son hat er noch heute großen Respekt. „Er hat verdient gewonnen, er war an diesen Tag einfach schneller als ich.“ Leider scheiterte er 1979 bei der Heim-WM in Sindelfingen wieder im Halbfinale gegen den Amerikaner Greg Fears. Dabei war Leuchter für seine Schnelligkeit, präzisen Kopftritte und Konter gefürchtet. Anders als sein großes Vorbild, Muhammad Ali, blieb er auch bei einer Niederlage ruhig und sachlich. „Hubert war enorm beweglich und sehr zielsicher. Deshalb waren Dollyo-Chagi und Naeryo-Chagi seine besten Techniken – und das obwohl er bei der WM 1979 mit 30 Jahren schon einer der ältesten im Team war“, erinnert sich Soo-Nam Park, Bundestrainer von 1975 bis 85. „Für mich verkörperte er damals die deutschen Tugenden: Er war tapfer und hat immer einen kühlen Kopf bewahrt. Menschlich konnte man sich auf ihn verlassen, er hat die Mannschaft zusammengehalten.“ Das galt auch außerhalb der Kampffläche: „Es ist schon lange her, deshalb kann ich das erzählen: 1976 geriet die deutsche Nationalmannschaft nach einem Länderkampf in Athen zu später Stunde in einen richtigen Straßenkampf. Es war eine ziemlich brenzliche Situation, unser Team gegen 30 Griechen, zum Teil mit Rasiermessern bewaffnet. Auch in so einer Situation stand Hubert für seine Freunde ein, war da bis zum Schluss, ließ niemanden im Stich.“

Noch heute besucht Hubert Leuchter gerne Turniere und schaut, was die nächste Generation macht. Taekwondo ist sein Leben, und er ist für den Sport viel mehr als nur ein Vorbild geworden.

Bericht: Stefan Gottschalk/MEDIABEL

Hubert Leuchter, 12. März 1949 – 21. Februar 2021

  • 8. Dan Taekwondo
  • vierfacher Deutscher Meister
  • Europameister 1978
  • WM-Dritter 1975 und 1979