Kukkiwon Dispatch Master Young-gi Jeon

Taekwondo in Peru und darüber hinaus gestalten

Kukkiwon Dispatch Master Young-gi Jeon

Seit 2011 dient Meister Young-gi Jeon als entsandter Kukkiwon-Meister in Peru und widmet sein Leben dem Wachstum des Taekwondo in Lateinamerika. Von seinen Anfängen in Seongnam, Südkorea, bis hin zu seiner Rolle als zentrale Figur in der peruanischen und panamerikanischen Taekwondo-Szene ist sein Weg geprägt von Leidenschaft, Ausdauer und Zielstrebigkeit. In diesem exklusiven Interview spricht er über Höhepunkte und Schwierigkeiten seiner mehr als drei Jahrzehnte währenden Mission im Ausland.

Taekwondo Aktuell: Meister Jeon, könnten Sie uns Ihre persönliche Taekwondo-Biografie schildern, bevor Sie nach Peru kamen?
Meister Jeon: Ich begann mit Taekwondo in Seongnam, Provinz Gyeonggi, als ich etwa sechs Jahre alt war und die Grundschule besuchte. Ich trainierte kontinuierlich weiter und schloss die Yongin-Universität ab, bevor ich nach Peru kam.
Kurzzeitig war ich in der Oberschule auch als Athlet aktiv, konnte jedoch keine nennenswerten Erfolge erzielen.

Taekwondo Aktuell: Was hat Sie inspiriert, Taekwondo als Beruf zu wählen?
Meister Jeon: Der Grund war einfach. Als ich sah, wie mein erster Taekwondo-Lehrer in die USA eingeladen wurde, um dort zu unterrichten, fand ich das unglaublich beeindruckend. Das hat mich inspiriert, selbst davon zu träumen, eines Tages als Taekwondo-Lehrer im Ausland zu arbeiten.

Taekwondo Aktuell: Warum haben Sie sich für Peru entschieden?
Meister Jeon: Ich hatte eine enge Beziehung zum Trainer eines Freundes. Eines Tages schlug er mir vor, nach Peru – ans andere Ende der Welt – zu gehen und dort eine Taekwondo-Schule zu eröffnen. Wie bereits erwähnt, war es mein Traum, ins Ausland zu gehen und als Lehrer zu arbeiten. Deshalb nahm ich ohne zu zögern an und kam nach Peru.

Taekwondo Aktuell: Wann sind Sie in Peru angekommen und wo leben Sie heute?
Meister Jeon: Ich kam am 17. Februar 1992 in Peru an. Seitdem lebe ich in Lima, der Hauptstadt Perus.

Taekwondo Aktuell: Was gefällt Ihnen am Leben in Peru am meisten?
Meister Jeon: Peru hat viele schöne Seiten. Doch für mich als Taekwondo-Lehrer ist das Schönste, Taekwondo zu unterrichten. Es macht mich glücklich, wenn ich sehe, wie meine Schüler gemeinsam mit Taekwondo wachsen.

Eine Brücke zwischen den Kontinenten: Die Mission des Kukkiwon

Taekwondo Aktuell: Was hat Sie dazu bewegt, sich für das Programm der entsandten Kukkiwon-Meister zu bewerben, und wann haben Sie diese Rolle offiziell übernommen?
Meister Jeon: Während meiner langen Amtszeit als Vorsitzender des Technischen Komitees der Panamerikanischen Taekwondo-Union war ich oft traurig über die wachsende Distanz zwischen den nationalen Verbänden und der World Taekwondo Federation. Ich wollte mit meiner bescheidenen Kraft als Mittler zwischen der World Taekwondo Federation und den nationalen Verbänden wirken und so gute Beziehungen bewahren. Das war mein Hauptmotiv. Meine offizielle Tätigkeit als entsandter Kukkiwon-Lehrer begann im Januar 2011.

Taekwondo Aktuell: Neben Ihrer Rolle als Dispatch Master haben Sie bedeutende Positionen im peruanischen Taekwondo-Verband und der Panamerikanischen Union inne. Können Sie uns einen Überblick über Ihre Aufgaben geben?
Meister Jeon: 1996 begann ich als Trainer und Cheftrainer des peruanischen Nationalteams zu arbeiten. Von 2005 bis 2012 war ich zudem Präsident des peruanischen Taekwondo-Verbandes. Derzeit bin ich weiterhin als Vorsitzender des Technischen Komitees der Panamerikanischen Föderation aktiv.

Taekwondo Aktuell: Wie vereinbaren Sie Ihre Arbeit in den Verbänden mit Ihren Aufgaben als Kukkiwon Dispatch Master?
Meister Jeon: Ich koordiniere und vermittle zwischen der Föderation und dem Kukkiwon, indem ich die Anliegen und Probleme der nationalen Verbände an das Kukkiwon weitergebe.

Taekwondo Aktuell: Was sind Ihre Hauptaufgaben und Aktivitäten als Kukkiwon Dispatch Master in Peru?
Meister Jeon: Meine Aufgaben umfassen die Förderung von Nationalmannschafts-Athleten, Trainern und Kampfrichtern in Peru. Ich arbeite daran, Taekwondo im ganzen Land zu verbreiten und zu unterrichten, damit es weiterwächst und für alle zugänglich bleibt. Außerdem organisiere und leite ich Seminare und Wettkämpfe, um technische Standards zu erhöhen und die Gemeinschaft zu stärken. Darüber hinaus trage ich zur Sportdiplomatie bei, indem ich Netzwerke aufbaue und pflege, mit dem Ziel, Taekwondo dauerhaft als olympische Sportart zu sichern.

Taekwondo Aktuell: Welche Aspekte Ihrer Arbeit als Dispatch Master erfüllen Sie persönlich am meisten?
Meister Jeon: Kinder dabei zu beobachten, wie sie sich zu aufrechten Persönlichkeiten entwickeln, erfüllt mich als Lehrer und Taekwondo-Meister mit großem Stolz.

Meilensteine und Hindernisse auf dem Taekwondo-Weg

Taekwondo Aktuell: Was waren bisher Ihre größten Erfolge in Peru?
Meister Jeon: Mein erster großer Erfolg war als Nationaltrainer bei den Bolivianischen Spielen, als wir überraschend gute Ergebnisse erzielten: zwei Gold- und drei Silbermedaillen. Das war ein unvergesslicher Moment.
Ebenso bedeutend war, als meine Schüler die erste Goldmedaille bei den Welt-Poomsae-Meisterschaften für Peru gewannen. Dadurch wurde Poomsae im Land anerkannt und später auch offiziell ins Programm der Panamerikanischen Spiele aufgenommen.

Taekwondo Aktuell: Was war Ihr glücklichster Moment als Dispatch Master?
Meister Jeon: Am meisten Freude habe ich, wenn ich sehe, wie meine Schüler und Athleten wachsen. Besonders glücklich macht mich, wenn ich sie heute als Erwachsene in ihren eigenen Rollen selbstbewusst leben sehe.

Taekwondo Aktuell: Was war die größte Herausforderung in Ihrer Tätigkeit?
Meister Jeon: Als ich zum ersten Mal die Nationalmannschaft übernahm, gab es Widerstand, weil die Athleten mein Training als zu hart empfanden. Die Anpassung war schwierig. Am herausforderndsten war jedoch, Poomsae-Athleten ohne jegliches Budget zu trainieren.

Taekwondo in Peru: Wachstum, Herausforderungen und Vision

Taekwondo Aktuell: Wie war der Zustand des Taekwondo in Peru, als Sie ankamen, und wie hat er sich seitdem entwickelt?
Meister Jeon: Damals steckte Taekwondo in Peru noch in den Kinderschuhen. Die Zahl der Athleten war gering, und im panamerikanischen Vergleich lag Peru fast am Ende. Landesweit waren weniger als 60 Vereine im Verband registriert.

Taekwondo Aktuell: Wie würden Sie die aktuelle Situation beschreiben?
Meister Jeon: Heute gehört Peru im Poomsae zu den Spitzenreitern in der Panamerikanischen Region. Es gibt über 500 registrierte Clubs, dazu noch viele unregistrierte. Die Zahl der Aktiven wird auf etwa 20.000 geschätzt. Ich denke, das zeigt einen enormen Fortschritt.

Taekwondo Aktuell: Welche Stärken hat das Taekwondo in Peru?
Meister Jeon: In vielen Regionen des Landes ist Taekwondo noch kaum bekannt – darin liegt großes Potenzial. Außerdem sehe ich eine große Stärke darin, dass Athleten und Trainer sich unermüdlich weiterentwickeln wollen.

Taekwondo Aktuell: Mit welchen Herausforderungen ist die Gemeinschaft konfrontiert?
Meister Jeon: Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach das fehlende Vertrauen zwischen den Trainern. Hinzu kommen Probleme wie die wahllose Ausstellung von Kukkiwon-Zertifikaten und Schwierigkeiten bei Dan-Prüfungen. Das sind wichtige Punkte, die überwunden werden müssen.

Taekwondo Aktuell: Gab es Initiativen oder Kooperationen, die das Interesse am Taekwondo besonders gefördert haben?
Meister Jeon: Die Botschaft der Republik Korea in Peru hat uns auf vielfältige Weise unterstützt. Dafür möchte ich meine tiefe Dankbarkeit ausdrücken.

Taekwondo Aktuell: Welche Ziele und Pläne haben Sie für die Zukunft?
Meister Jeon: Ich möchte die gute Zusammenarbeit mit dem peruanischen Taekwondo-Verband aufrechterhalten und durch Lehrerausbildung qualifizierte Trainer heranbilden. Auf diese Weise soll Taekwondo auch in Regionen verbreitet werden, in denen es bisher unbekannt ist, und als Schulsport wachsen.
Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Förderung von Taekwondo beim Militär. Ich hoffe, dass Taekwondo bald als offizielles Fach an der Militärakademie Perus eingeführt wird.

Taekwondo Aktuell: Möchten Sie unseren Lesern und der Taekwondo-Gemeinschaft noch etwas mitgeben?
Meister Jeon: Taekwondo ist nicht nur ein olympischer Sport, sondern auch eine Kampfkunst, die Lebenslektionen vermittelt. Körperliche Fitness und Gesundheit sind wichtig, doch noch wichtiger finde ich, dass Taekwondo den Menschen hilft, ein besseres Leben zu führen.

 

Infobox

Das Kukkiwon, das Welthauptquartier des Taekwondo, hat derzeit Meister in 56 Länder entsandt. Diese sogenannten Dispatch Masters sind die diplomatischen Vertreter des Taekwondo. Sie fördern die koreanische Nationalsportart in ihren neuen Heimatländern und unterstützen dortige Athleten und Organisationen. In unserer Serie stellen wir die Männer und Frauen vor, die Korea den Rücken kehren, um Taekwondo weltweit zu verbreiten.