Die Metta-Meditation

Meditationstechniken für Taekwondosportler und andere Menschen

Teil 1: Die Metta-Meditation

Meditationsüben am Ende oder auch zu Beginn eines Trainings sind in vielen Taekwondo-Schulen üblich. In der Kürze der Zeit handelt es sich dabei meist um eine einfach Atemmeditation, die dem Übenden je nach Tagesform einmal besser, einmal weniger gut gelingt. Wer sich intensiver und auch außerhalb des Dojangs mit dem Thema beschäftigen möchte, der ist oft überrascht, dass es eine große Zahl verschiedener Meditationstechniken gibt. In lockerer Folge möchten wir verschiedene davon vorstellen.

Wir beginnen mit der Metta-Meditation – einer klassischen Technik des Buddhismus, die ohne großen Aufwand an Zeit und Mitteln durchgeführt werden kann und die auch für Anfänger gut geeignet ist.

Der Begriff „Metta“ stammt aus der mittelindischen Sprache Pali und kann in etwa mit „Liebende Güte“ oder auch „Nächstenliebe“ übersetzt werden. Ziel der Metta-Meditation ist es, eine wohlwollende Haltung gegenüber sich selbst und allen Mit-Lebewesen zu erreichen – auch gegenüber solchen, die wir nicht mögen oder sogar hassen.

Auf den ersten Blick klingt das vielleicht wie Gutmenschentum pur oder auch wie ein weltfremdes Ideal. Denn seine Feinde zu lieben wird von vielen Denkschulen und Religionen gefordert – im Alltag jedoch selten erreicht. Doch was für den Einzelnen schwierig oder unverständlich ist, das macht im großen Zusammenhang durchaus Sinn: Denn wenn Feindschaft und Unrecht nur zu neuer Feindschaft und neuem Unrecht führen, ergibt sich der endlose, negative Kreislauf, in dem unsere Gesellschaft zu verharren scheint. Nur die Feindesliebe könnte diesen durchbrechen.

Allerdings ist das Ziel der Metta-Meditation zunächst nicht, die Welt zu verbessern, sondern das Leben es Meditierenden. Und tatsächlich gibt es zahlreiche Studien, auch von westlichen Forschern, die belegen, dass die Liebend-Güte-Meditation sich messbar positiv auswirkt: Zum Beispiel in Form von mehr Lebenszufriedenheit, besserem Sozialverhalten und weniger depressiven Verstimmungen. Sogar körperliche Symptome wie Migräne oder chronische Rückenschmerzen sollen sich durch regelmäßige Metta-Mediation beeinflussen lassen.

Möchten Sie es ausprobieren? So funktioniert die Metta-Meditation:

Vorbereitung

Planen Sie zu Beginn etwa 30 Minuten für die Meditation ein, in denen Sie ungestört sind. Nehmen Sie eine angenehme Körperhaltung ein. Gerade für Anfänger ist eine liegende Haltung oft die beste. Wer mag und sich dabei wohlfühlt, kann im Schneidersitz oder auch auf einem Stuhl sitzen. Wichtig ist, dass Sie in der gewählten Haltung tief ein und ausatmen können – ein gebeugter Rücken oder hängende Schultern sind naturgemäß nicht geeignet.

Während Sie Ihre Meditationshaltung einnehmen, sollten Sie sich kurz vor Augen führen, um was es in der Metta-Meditation geht. Obwohl es sich bei Metta um ein Konzept aus dem Buddhismus handelt, ist die Vorstellung von Nächstenliebe und Feindesliebe universal. Wichtigste Grundlage und der erste Schritt der Mediation ist dabei immer die Selbstliebe. „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, ist nicht umsonst eines der bekanntesten Bibelzitate. Im Umkehrschluss beutet dieses aber auch: Wer sich selbst nicht annimmt, wer mit sich hadert und mit sich selbst unzufrieden ist, der kann auch für seine Nächsten und schon gar nicht für weiter entfernte Personen positive Emotionen aufbringen.

Atmen Sie nun konzentriert ein und aus. Achten Sie dabei auf eine tiefe Bauchatmung. Wenn es Ihnen hilft, wiederholen sie beim Ein- und Ausatmen das Wort „Metta“ oder auch nur „einatmen“ –  „ausatmen“, bis Sie sich ruhig und entspannt fühlen.

Schritt 1: Wohlwollen gegenüber sich selbst

Atmen Sie weiter ruhig ein und aus.

Wiederholen Sie im Geiste verschiedene positive Sätze, die sich auf Sie selbst beziehen, wie zum Beispiel:

Es soll mir gut gehen.

Ich soll glücklich sein.

Ich soll gesund sein.

Ich soll zufrieden sein.

Ich soll sorglos sein.

Ich soll Freude empfinden.

Wiederholen Sie diese Sätze nicht nur mantraartig, sondern stellen Sie sich die Emotionen vor, während Sie diese formulieren. Wenn es Ihnen hilft, rufen Sie sich Ihr eigenes Bild ins Gedächtnis und halten Sie dieses vor Ihrem geistigen Auge.

Wenn Sie fühlen, dass die genannten positiven Emotionen gegenüber sich selbst eine gewisse Stärke erreich haben, gehen Sie über zum nächsten Schritt.

Schritt 2: Wohlwollen gegenüber nahestehenden Menschen

Stellen Sie sich nun eine Person vor, die Ihnen sehr nahe steht, ein Familienmitglied oder einen engen Freund. Visualisieren Sie diesen Menschen und haben Sie das Gefühl, er ist bei Ihnen. Senden Sie dieser Person die gleichen, oder ähnliche Gefühle wie sich selbst. Sie könne sich dabei auch von konkreten Bedürfnissen dieser Person leiten lassen. Schicken Sie dem nahestehenden Menschen Sätze wie:

Es soll Dir gut gehen.

Du sollst gesund sein.

Du sollst sorglos sein.

Schritt 3: Wohlwollen gegenüber einer neutralen Person

Richten Sie Ihre Gedanken nun auf eine neutrale Person, zu der Sie weder Zuneigung noch Abneigung empfinden – einen Nachbarn, einen Kollegen, einen Angestellten in einem Laden. Visualisieren Sie diese Person und senden Sie auch Ihr die oben genannten oder ähnliche positive Emotionen.

Schritt 3 wird Ihnen zunächst vermutlich wesentlich schwerer fallen, als die beiden vorangegangenen. Eine Person zu visualisieren, die Ihnen egal ist und in einen emotionalen Kontakt zu ihr zu treten, ist immer auch eine Grenzüberschreitung. Lassen Sie zu, dass sich Ihr Blick auf neutrale Personen auch im Alltag ändern wird. Akzeptieren Sie, dass jeder Mensch eine wertvolle Persönlichkeit ist.

Schritt 4: Wohlwollen gegen Feinde

Nun kommt der schwierigste Schritt: Visualisieren Sie eine Person, die Sie nicht mögen. Zu Beginn sollten Sie sich dafür nicht Ihren Erzfeind aussuchen, oder eine Person, die Ihnen seit Jahren das Leben schwer macht. Anfänger wählen eher Menschen, mit dem es kleinere Meinungsverschiedenheiten gab oder gegenüber dem sie eine moderate Antipathie empfinden. Stellen Sie sich diesen Menschen deutlich vor, nicht als Gegner, sondern als Mensch. Lösen Sie den Menschen im Geist von seinen negativen Eigenschaften oder Handlungen. Schicken Sie auch diesem Menschen die oben formulierten positiven Wünsche. Wenn Sie bei der Übung spüren, dass Sie mit einer Person nicht zurechtkommen, akzeptieren Sie auch diese Schwäche – suchen Sie sich einen anderen, weniger negativ behafteten Menschen. Wenn Sie die Meditationsübung öfter durchführen, wird sich das Spektrum der Personen erweitern.

Schritt 5: Schließen Sie alle bisher bedachten Personen in Ihr Wohlwollen ein.

Im fünften und letzten Schritt stellen Sie sich die bisher visualisierten Personen einen nach dem anderen vor, auch sich selbst, und senden Sie allen ihre positiven Wünsche. Sehen Sie die Person vor sich und empfinden Sie den Wunsch: Gesundheit, Glück und so weiter. Lassen Sie Ihre Gedanken treiben. Es können nun auch neue Personen vor Ihr geistiges Auge treten, lassen Sie auch diese Personen zu. Kehren Sie zum Schluss langsam aus der Meditation zurück, aber lassen Sie die positiven Gefühle nachklingen, versuchen Sie, diese in den Alltag hinüber zu tragen.