Im Auftrag des Kukkiwon
Großmeister Ho-Suk Kim

Im nächsten Jahr sind es zehn Jahre, dass Ho-Suk Kim als Kukkiwon Dispatch Master in Honduras ankam. Seitdem ist es ihm gelungen, regelmäßigen Taekwondo-Unterricht an öffentlichen Schulen zu etablieren. Aber sein Ziel ist noch höher gesteckt: Er möchte Honduras zu einem echten Taekwondo-Land machen – und es sieht so aus, als sei er auf dem besten Weg dahin.

TA: Großmeister Kim, was waren Ihre ersten Begegnungen mit Taekwondo und wann haben Sie beschlossen, Ihr Leben dem koreanischen Nationalsport zu widmen?

Ho-Suk Kim: Dank meines Vaters, der eine Taekwondoschule betreibt, wuchs ich in einem Umfeld auf, das von Taekwondo geprägt war, und erlernte den Sport seit meiner Kindheit. Das ließ mich davon träumen, in Zukunft eine Führungspersönlichkeit des Taekwondo zu werden.

Ich schloss mein Taekwondo-Studium an der Osan-Universität ab und studierte danach Sozialwesen an der Chongshin-Universität. Als ich während meines Studiums mit Taekwondo-Meistern arbeitete, begann ich mich stärker dafür zu interessieren, anderen Menschen zu helfen. Bei meinem Militärdienst in die koreanische Armee war ich als Taekwondo-Lehrer tätig und erreichte eine 100-prozentige Erfolgsquote bei meinen Schülern im Militär. Vor meiner Ankunft in der Armee hatte die durchschnittliche Erfolgsquote bei Prüfungen 10 Prozent betragen. Das war eine wichtige Erfahrung, die mir bei meiner Berufswahl geholfen hat.

TA: Wann haben Sie sich entschlossen, Kukkiwon Dispatch Master zu werden, und warum?

Ho-Suk Kim: Nach meiner Heirat, als ich ein privates Taekwondostudio betrieb, hörte ich die, dass das Kukkiwon Lehrer einstellt, die im Ausland arbeiten. Ich bewarb mich um einen Platz und wurde angenommen. Mein Traum war es, Lehrer für die Regierung zu werden, um mit allen Menschen zu arbeiten und nicht nur mit der Elite. Ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich das erreichen kann. Mein Ziel ist es, Männer, Frauen, ältere Menschen und Kinder unabhängig von ihrer sozialen Stellung zu unterrichten, damit sie Taekwondo lernen können. Ich bemühe mich sehr, allen diese Möglichkeit zu geben.

TA: Warum wurden Sie nach Honduras geschickt?

Ho-Suk Kim:  Im Jahr 2011 wurde der damalige Präsident der Republik Honduras, Porfirio Lobo Sosa, während seines Besuchs in Korea von Präsident Lee Myung-bak zu einem Abendessen an der Tsinghua-Universität eingeladen. Dort bat er um die Entsendung eines Taekwondo-Lehrers nach Honduras. Tatsächlich war er der einzige Staatspräsident der Welt, der einen dritten Dan des Kukkiwon besaß, und er hatte eine besondere Vorliebe für Taekwondo. Die Botschaft der Republik Korea in Honduras wandte sich ebenfalls an das Kukkiwon und bat mehrmals darum, eine qualifizierte Person für Taekwondo-Kurse in das Land zu schicken. Der vom Kukkiwon entsandte Ausbilder war ich, Meister Kim Ho-Suk. Ich wurde im Sommer 2012 nach Honduras geschickt und kam dort am 18. Juli an, nachdem ich die Prüfung bestanden hatte, um als ausländischer Taekwondo-Lehrer des Kukkiwon zu arbeiten.

Training in einer öffentlichen Schule

TA: Was war Ihre Hauptmotivation, als Sie dieses neue Kapitel Ihres Lebens begonnen haben?

Ho-Suk Kim: In Honduras hatten vor meiner Ankunft nur ausgewählte Elitesportler Taekwondo trainiert. Jetzt hoffe ich, dass jeder, ob Mann oder Frau, ob alt oder jung, den Sport leicht erlernen und genießen kann – und ich hoffe, dass ich sie dabei unterstützen kann.

TA: Können Sie uns etwas über Ihren ersten Eindruck von Honduras erzählen?

Ho-Suk Kim: Ich erinnere mich, dass ich zum Unterricht ging und das Wetter sehr schön war. Am Anfang war es schwierig, die Sprache zu beherrschen, aber ich erhielt viel Hilfe von Studenten, während ich an der Universität Kurse belegte.

TA: Wo leben Sie jetzt?

Ho-Suk Kim: Ich lebe in der Stadt Tegucigalpa.

TA: Was gefällt Ihnen am besten an Honduras?

Ho-Suk Kim: Wie ich bereits erwähnt habe: Ich mag das Wetter und das Essen ist köstlich.

TA: Was sind die größten kulturellen Unterschiede zwischen Korea und Honduras, an die Sie sich erst gewöhnen mussten?

Ho-Suk Kim: In Honduras sind die individualistischen Tendenzen stark ausgeprägt. Es war am schwierigsten, einen Unterricht zu etablieren, der auf Gruppenzugehörigkeit basiert, und die Charaktererziehung durch Taekwondo einzuführen.

TA: Wie ist die Situation von Taekwondo in Honduras?

Ho-Suk Kim: Honduras ist ein Fußballland. Aber: Taekwondo ist die zweitbeliebteste Sportart nach Fußball! Die Gesamtzahl der Taekwondo-Praktizierenden im Land beträgt etwa 5.000. Mehr als 30 Vereine und öffentliche Schulen bieten Taekwondo-Unterricht an.

TA: Was sind die positiven Seiten und vielleicht auch die Probleme von Taekwondo in Honduras?

Ho-Suk Kim: Es gibt viele Vorteile von Taekwondo in Honduras. Eine Stärke von Taekwondo ist, dass es den Menschen den richtigen Geist einflößt und sie aus dem Umfeld der Kriminalität befreit. Der Nachteil ist, dass die Regeln des honduranischen Taekwondo-Verbandes normale Taekwondo-Praktizierende ausschließen und sie sich hauptsächlich auf die Politik konzentrieren.

TA: Honduras war das erste Land in Lateinamerika, das Taekwondo in den Lehrplan der Grundschulen aufgenommen hat. Wie wurde das erreicht?

Training mit den Bodyguards des Präsidenten

Ho-Suk Kim: Als ich 2012 in Honduras ankam, hatte ich viele Treffen mit dem Präsidenten des nationalen Taekwondo-Verbandes und dem Präsidenten der Pädagogischen Universität. Aber jede Institution hatte andere Wünsche, die ich nicht erfüllen konnte. Aber ich habe mich bemüht, mein Bestes zu geben und Taekwondo effektiver zu verbreiten.

In den vier Jahren nach meiner Ankunft in Honduras arbeitete ich in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen, zum Beispiel in der Präsidentengarde, in der Militärakademie, in der Polizeiakademie, in Hochschulkursen für Professoren der Pädagogischen Universität, in Kursen an der Nationalen Universität und in Kursen im Taekwondo-Verband.

Am Anfang, bevor meine Motivation nachließ, gab ich in jeder Klasse aller Institutionen mein Bestes. Aber einige Institutionen waren einfach mehr an anderen Bereichen interessiert als am Taekwondo-Unterricht. Als Lehrer wurde ich allmählich müde, nachdem ich in dieser Situation war und keine Ergebnisse sah. Ich habe mich dann mit Kukkiwon und dem Botschafter der Republik Korea getroffen. Während unseres Gesprächs wurde mir klar, dass es einen Bereich gibt, in dem ich Taekwondo ohne Probleme verbreiten kann. Ich entschied mich für einen Ort, an dem ich aktiv helfen und Taekwondo in dem Land fördern kann, das jetzt meine Heimat ist. Was die Vorbereitung der Taekwondo-Lehrer betrifft, so wollte ich, dass sie an den pädagogischen Universitäten ausgebildet werden, damit sie nach ihrem Abschluss in die Schule gehen und Taekwondo-Lehrer werden können, die den Kindern den Sport beibringen können. Das war mein erstes Ziel.

Mein zweites Ziel war das Projekt des obligatorischen Taekwondo-Unterrichts an öffentlichen Schulen. Zusammen mit der Botschaft haben wir an diesem Projekt gearbeitet, um eine historische Errungenschaft zu erreichen, indem wir den Sportunterricht im Fußball durch Taekwondo-Unterricht ersetzt haben.

Demo von Sportlern der nationalen Universität von Honduras.

TA: Sie sind auch Taekwondo-Lehrer an der Nationalen Universität von Honduras. Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Ho-Suk Kim: Ich arbeite seit 2013 als Lehrer in der Taekwondo-Abteilung der Nationalen Universität von Honduras. Die Regierung hat einen Taekwondo-Dojang eingerichtet und mehr als 300 Menschen nehmen jedes Semester an Taekwondo-Kursen auf Koreanisch teil.

TA: Gibt es andere Aktivitäten und Themen im Zusammenhang mit Taekwondo, die sich besonders positiv auf das Interesse des Landes an Taekwondo ausgewirkt haben?

Ho-Suk Kim: Wie ich bereits erwähnt habe, findet seit 2019 mit Genehmigung der honduranischen Regierung regelmäßiger Taekwondo-Unterricht in öffentlichen Schulen statt. Derzeit nehmen rund 3.000 Schülerinnen und Schüler in 21 Schulen im ganzen Land am Taekwondo-Unterricht im Rahmen des Sportunterrichts teil.

Das honduranische Bildungsministerium prüft, wie sich die Schüler im Laufe der Zeit durch Taekwondo verändern, und jede lokale Schule veranstaltet eine Taekwondo-Vorführung. Auf nationaler Ebene wird die Bedeutung von Taekwondo und die Notwendigkeit der Charaktererziehung für Kinder hervorgehoben. Dies ist die wichtigste Errungenschaft für die Verbreitung von Taekwondo im Land und eine wichtige Investition in die Zukunft.

TA: Welche Probleme hatten Sie aufgrund von Covid und was haben Sie getan, um sie zu überwinden?

Ho-Suk Kim: Seit März 2020 wurde der gesamte Präsenzunterricht wegen des Corona-Virus ausgesetzt, und seit Mai desselben Jahres wird der Taekwondo-Unterricht in Absprache mit dem Bildungsministerium online durchgeführt.

Die Krise ist in Wirklichkeit eine Chance. Dank Corona ist der Taekwondo-Unterricht wieder aktiver geworden, und die Medien fördern den Sport immer mehr.

Taekwondo Unterricht an der nationalen Universität.

TA: Was sind Ihre denkwürdigsten Momente in Honduras? Worauf sind Sie persönlich besonders stolz?

Ho-Suk Kim: Erstens die Tatsache, dass der Präsident persönlich während einer offiziellen Taekwondo-Veranstaltung zu Besuch war, und die Tatsache, dass die Schüler durch den Taekwondo-Unterricht ihr Leben verändern. Das macht mich glücklich.

TA: Was sind Ihre Ziele, Ideen und Pläne für zukünftige Aktivitäten?

Ho-Suk Kim: Mein Ziel und meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass die honduranische Regierung und das Bildungsministerium ihr eigenes Budget zur Verfügung haben, um die Verbreitung des öffentlichen Taekwondo-Unterrichts ohne die Hilfe Koreas zu unterstützen.

Außerdem werde ich mein Bestes tun, um Honduras zu einem Taekwondo-Land zu machen, bis der Taekwondo-Sport als Alltagssport etabliert ist.

Info

Das Welttaekwondo-Hauptquartier Kukkiwon hat derzeit Taekwondo-Meister in 49 Länder der Welt entsandt - bis Ende dieses Jahres wird sich diese Zahl auf 70 Nationen erhöhen. Diese so genannten Dispatch Masters sind eine Art diplomatisches Korps des Taekwondo: Sie verbreiten den koreanischen Nationalsport in ihren neuen Heimatländern und unterstützen lokale Sportler und Organisationen. Doch wer sind die Männer und Frauen, die Korea den Rücken kehren, um Taekwondo in der Welt populärer zu machen? Wir stellen sie in unserer Serie vor.