Im Auftrag des Kukkiwon
Master Choi Yong Sok

Taekwondo hat Kambodscha einige seiner stolzesten Sport-Momente beschert: 2014 war Sorn Seavmey die erste kambodschanische Goldmedaillengewinnerin bei den Asian Games und 2016 war sie die erste und einzige kambodschanische Athletin, die sich direkt für die Olympischen Spiele qualifizierte. Der Mann, der diese herausragenden Erfolge möglich gemacht hat, ist Kukkiwon Dispatch Master Choi Yongsok. Wir sprachen mit dem südkoreanischen Meister, der seit über 26 Jahren in Kambodscha lebt.

TA: Meister Choi, Sie werden heute als die treibende Kraft des Taekwondo in Kambodscha wahrgenommen. Können Sie uns etwas über Ihre Taekwondo-Geschichte erzählen, bevor Sie in das südostasiatische Königreich kamen?

Choi Yong Sok: Ich habe das erste Mal mit meinem Bruder – der jetzt Taekwondo-Lehrer in den Vereinigten Staaten ist – auf Anregung meines Vaters mit Taekwondo begonnen als ich im zweiten Jahr der Grundschule war. Nachdem ich in der Mittel- und Oberschule Wettkämpfer gewesen war, begann ich meine Trainertätigkeit als Taekwondo-Lehrer in einem der Militärstützpunkte in Südkorea.

TA: Warum haben Sie sich entschieden, nach Kambodscha zu gehen und wann sind Sie dort angekommen?

Choi Yong Sok: Im Jahr 1996 bat die kambodschanische Regierung um die Entsendung eines Taekwondo-Lehrers in das Land. Ich wurde von der koreanischen Regierung für diesen Posten ausgewählt und kam im Dezember 1996 nach Kambodscha. Ich bin stolz darauf, dass ich es war, der die ersten Schritte unternahm, um unseren Nationalsport in Kambodscha zu verbreiten, wo Taekwondo bis dahin unbekannt war. Tatsächlich wussten nur sehr wenige Kambodschaner etwas über den Sport, als ich ankam.

TA: Was gefällt Ihnen am meisten an Kambodscha?

Choi Yong Sok: Kambodscha ist dem Umfeld meiner Kindheit sehr ähnlich, so dass ich das Leben dort vom ersten Moment an als angenehm und glücklich empfand. Meine Frau und ich genießen unseren Aufenthalt in Kambodscha. Unsere beiden Kinder sind hier geboren und aufgewachsen.

TA: In welcher Stadt leben Sie jetzt?

Choi Yong Sok: Ich lebe in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas.

TA: Wann wurden sie sind Sie Kukkiwon Dispatch Master geworden?

Choi Yong Sok: Wie ich schon sagte, machte ich im Dezember 1996 meine ersten Schritte in Kambodscha als von der koreanischen Regierung entsandter Taekwondo-Lehrer und begann mit der Verbreitung von Taekwondo in meinem neuen Heimatland. 2009 setzte ich meine Aktivitäten als Kukkiwon Dispatch Master fort.

TA: Was sind hier Ihre Aufgaben und Aktivitäten?

Choi Yong Sok: Ich bin nationaler Team Supervisor für den kambodschanischen Taekwondo-Verband. Gleichzeitig bin ich Generalsekretär der kambodschanischen Taekwondo-Akademie und arbeite als Ausbilder an einer Polizeiakademie und als Dozent am Nationalen Institut für Leibeserziehung und Sport.

TA: Welche Tätigkeiten machen Ihnen persönlich am meisten Spaß?

Choi Yong Sok: Ich verbringe viel Zeit mit dem Training für Taekwondo-Trainer – das finde ich besonders wertvoll und erfüllend.

TA: Sie haben viele Sportler ausgebildet, die wichtige Medaillen gewonnen haben, wie Sorn Seavmey, den ersten Goldmedaillengewinner der Asian Games aus Kambodscha. Was ist Ihre Philosophie als Trainer?

Choi Yong Sok: Meiner Meinung nach besteht meine Aufgabe als Trainer darin, die Sportler zu motivieren, damit sie ihr Bestes geben können. Meine Aufgabe ist es, ihnen Träume und Visionen zu vermitteln und ihnen zu helfen, sie zu verwirklichen. Ich denke, das ist der Grund, warum ich gute Ergebnisse erzielen konnte.

TA: Was sind Ihre denkwürdigsten Taekwondo-Momente in Kambodscha – worauf sind Sie persönlich besonders stolz?

Choi Yong Sok: Gemeinsam mit meinen Sportlern konnte ich Geschichte schreiben. 2014 gewann Sorn Seavmey die erste Goldmedaille für Kambodscha bei den Asian Games seit 60 Jahren. Sorn Seavmey schaffte auch die erste direkte Olympia-Qualifikation in allen Sportarten in der kambodschanischen Geschichte und nahm an den Olympischen Spielen in Rio teil. Ihre Geschichte ist zu einer nationalen Quelle des Stolzes geworden, und sie hat die Wahrnehmung von Sport und Frauen in Kambodscha nachhaltig verändert.

TA: Der kambodschanische Bildungsminister ist gleichzeitig Präsident des nationalen Taekwondo-Verbandes. Wie profitiert Taekwondo von dieser prestigeträchtigen Verbindung?

Choi Yong Sok: Der Minister ist ein echter Taekwondo-Sportler. Ich glaube, dass sich Taekwondo in Kambodscha vor allem durch seine harte Arbeit und sein Engagement entwickelt hat. Wir sind zuversichtlich, dass Taekwondo in Zukunft eine weitere Rolle im Schulsport spielen wird, indem die erzieherischen Aspekte des Sports hervorgehoben werden.

TA: Die Republik Korea und die koreanische Botschaft in Kambodscha unterstützen aktiv Taekwondo. Können Sie uns mehr über diese Zusammenarbeit erzählen?

Choi Yong Sok: Diese Partnerschaft zwischen dem koreanischen und dem kambodschanischen Sport begann in den 1970er Jahren und wird bis heute fortgesetzt. Der jährlich stattfindende Taekwondo-Wettbewerb Korean Ambassador’s Cup ist eine große Hilfe, denn er ermöglicht es uns, hervorragende Sportler zu entdecken und Taekwondo weiter zu verbreiten. Die Ausbildung und die Wettkämpfe werden auch in einem schwierigen Umfeld aufgrund von Covid-19mit Hilfe von Online-Systemen durchgeführt. Die koreanische Regierung unterstützt uns außerdem mit Taekwondo-Material und sponsert die Ausbildung von kambodschanischen Sportlern.

TA: Wie ist die Situation von Taekwondo in Kambodscha heute?

Choi Yong Sok: In Kambodscha sind viele Kampfsportgruppen aktiv, und insbesondere wird Bokator, eine traditionelle Kampfsportart, hauptsächlich vom Militär verbreitet. Aber Taekwondo wächst hier schnell, dank des Präsidenten und anderer Funktionäre der Cambodia Taekwondo Federation. Kambodschanisches Taekwondo wird hauptsächlich von Schulen, Institutionen und Gruppen betrieben, und für die breite Öffentlichkeit gibt es Taekwondo-Clubs.

TA: Gibt es andere Taekwondo-Aktivitäten und -Themen, die einen besonders positiven Einfluss auf das Interesse der Nation an Taekwondo hatten?

Choi Yong Sok: Vor Covid-10 haben Vorführungen bei der Eröffnungsfeier des Nationalen Sportfestes das Interesse der Öffentlichkeit an Taekwondo geweckt. Wir haben auch Taekwondo-Vorführungen bei offiziellen koreanischen Veranstaltungen und bei anderen Gelegenheiten durchgeführt.

TA: Welche Probleme hatten Sie wegen Covid und was haben Sie getan, um sie zu überwinden?

Choi Yong Sok: Es stimmt zwar, dass die Taekwondo-Ausbildung, die früher hauptsächlich von Vereinen betrieben wurde, unter dem Corona-Virus gelitten hat, aber wir konnten unsere Taekwondo-Aktivitäten durch Online-Ausbildung und Online-Wettbewerbe fortsetzen. Zum Glück ist es jetzt wieder möglich, normale Aktivitäten zu betreiben.

TA: Was sind Ihre Ziele für zukünftige Aktivitäten?

Choi Yong Sok: Ich möchte dem kambodschanischen Taekwondo helfen zu wachsen und selbständig zu werden, bis es andere unterstützen und ihnen helfen kann, so wie Korea uns geholfen hat.

TA: Möchten Sie noch etwas hinzufügen, zum Beispiel eine Botschaft an unsere Leser und die Taekwondo-Gemeinschaft?

Choi Yong Sok: Liebe Taekwondo-Familie, ich danke Ihnen für Ihr Interesse an Kambodscha. Mit Stolz als ein vom Kukkiwon entsandter Meister werde ich hart daran arbeiten, dass sich das kambodschanische Taekwondo zu einer Säule des Taekwondo in der Welt entwickeln kann. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und Zusammenarbeit.

Info:

Das World Taekwondo Headquarters Kukkiwon hat derzeit Taekwondo-Meister in 53 Länder der Welt entsandt. Diese so genannten "Dispatch Master" sind eine Art diplomatisches Korps des Taekwondo: Sie verbreiten den koreanischen Nationalsport in ihren neuen Heimatländern und unterstützen die dortigen Sportler und Organisationen. Doch wer sind die Männer und Frauen, die Korea den Rücken kehren, um Taekwondo in der Welt populärer zu machen? Wir stellen sie in unserer Serie vor.